Korrekt – ändern!

In einem Artikel der taz vom 18. September 2019, der vom Prozess gegen einen Wilderer handelt, findet sich ein völlig korreker Satz, den eine Lektorin oder ein Lektor aber trotzdem ändern würde. Er lautet: „In der Falle lagen Rehknochen und Rehhaare – nach Überzeugung von Richter Andreas Lecker die Köder.“

Wie gesagt: Der Satz ist völlig korrekt. Aber beim Lesen stolpert man über die letzten drei Wörter. Eine größere räumliche Trennung des Nachnamens „Lecker“ und des Wortes „Köder“ würde dieses Stolpern verhindern. Zum Beispiel so: „In der Falle lagen Rehknochen und Rehhaare – Köder, ist Richter Andreas Lecker überzeugt.“

Zu doof?

Wer an einem Fahrkartenautomaten der Berliner Verkehrsbetriebe die Hilfetaste drückt, liest als erstes: „Die Bedienung des Automaten ist leicht.“ Als Einleitung einer allgemeinen Bedienungsanleitung wäre ein so ermutigender Satz nicht fehl am Platz. Aber er ist eine seltsame Begrüßung für Benutzer/-innen, die gerade die Hilfetaste drücken mussten.

Zeitsprung: Moralkeule

Das Wort des Jahres 1998 war „Rot-Grün“, gefolgt von „Viagra“ (Platz 2) und „Ich habe fertig!“ (Platz 4). Die „Moralkeule“ auf Platz 8 – Martin Walser verwendete dieses Wort in seiner Rede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchandels – schaffte es interessanterweise auch auch Platz 4 der Unwörter des Jahres. Das Unwort des Jahres 1998 war „sozialverträgliches Frühableben“. Karsten Vilmar, der Präsident der Bundesärztekammer, prägte es in seiner Kritik an den Sparplänen der neuen Bundesregierung.

Prioritäten

Als Autorinnen und Autoren bringen wir Informationen in eine Reihenfolge. Es lässt sich nicht vermeiden, sie dabei gleichzeitig zu gewichten. Dass das gehörig schiefgehen kann, zeigt die Cellesche Zeitung vom 5. Juli 2018. Ein Artikel auf Seite 1 trägt den Titel: „Entenfamilie absichtlich überfahren?“ Keine ungewöhnliche Nachricht im Sommerloch, obwohl das Fragezeichen sie in Sphären geradezu extremer Irrelevanz erhebt. Wenn man aber zur Seite 7 weiterblättert, findet man einen ähnlich großen Artikel mit dem Titel: „Müllwagen überrollt Frau“. Zugegeben, für die Titelseite und den Weltspiegel auf Seite 7 war wahrscheinlich nicht die gleiche Person verantwortlich, und sicherlich ist der Redaktion der getötete Vogel nicht wichtiger als der getötete Mensch. Aber genau dieser Eindruck entsteht. Denn die Zeitung wird als Einheit wahrgenommen, und ein Platz auf der Titelseite signalisiert höchste Bedeutung.

Entrü(m)pelung

Dass es auf jeden Buchstaben ankommt, zeigt ein Berliner Kleinunternehmer, der auf der Heckklappe seines Transporters neben anderen Dienstleistungen auch „Entrüpelung“ anbietet. Ob mit oder ohne „m“ – Bedarf gibt es bestimmt.

Herpeskunde

Auf Aufstellern vor Apotheken wird zurzeit eine „Revolution für Lippenherpes-Kunden“ angepriesen. Eine ungewöhnliche Kopplung. Kunde oder Kundin wird zwar oft um eine Charakterisierung ergänzt (Stammkundin; Großkunde), um ein Produkt (Stromkunde), eine Marke oder den Einkaufsort (Apothekenkundin). So gut wie nie aber wird Kundin oder Kunde etwas Unerwünschtes vorangestellt. Wenn es doch einmal geschieht, lässt es merkwürdige Interpretationen zu.

Mikrotexte 2

„Ab jetzt: Oster Angebote bis zu -50% reduziert!“, lautete der Betreff einer E-Mail eines Online-Buchhändlers. Zuerst der Lektorenblick: Aus dem Kontext wird schon klar, dass es um Preisnachlässe geht. Tatsächlich steht da aber, dass es ab jetzt deutlich weniger Osterangebote gibt. Und jetzt der Korrektorenblick: „Reduzierung“ bedeutet, dass danach weniger vorhanden ist. Das Minuszeichen vor dem Prozentwert ist daher falsch. „Oster“ ist kein vollständiges Wort, deshalb muss „Osterangebote“ zusammengeschrieben oder gekoppelt werden. Zwischen der Zahl und dem Prozentzeichen fehlt ein Abstand. „Ab jetzt: Osterangebote mit bis zu 50 % Preisnachlass!“, wäre mein Vorschlag.

Mikrotexte

Ein Online-Buchhändler schickte mir vor ein paar Tagen eine E-Mail mit dem Betreff: „******-Deal der Woche: Reduzierte Empfehlungen für Sie“. Warum ich weniger Empfehlungen bekommen sollte, ging aus der Nachricht nicht hervor.

Zur Lage der deutschen Sprache

Podiumsdiskussion: Am 13. November 2017 haben die Akademieunion und die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung den zweiten Bericht zur Lage der deutschen Sprache vorgestellt. Die Autorinnen und Autoren diskutierten in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften unter dem Titel „Mein Deutsch – unser Deutsch“ über das Verhältnis von Hochsprache und Regionalsprache, über Migrantensprache und über die Auswirkungen des Internets. Zum Mitschnitt der Veranstaltung

Zeitsprung: Klonschaf

Bald werden wieder das Wort des Jahres, das Unwort des Jahres und das Jugendwort des Jahres verkündet. Ich habe einmal 20 Jahre zurückgeschaut. Das Wort des Jahres 1997 war „Reformstau“. Die Plätze 4–6 auf der Liste nahmen „Klonschaf“, „Elchtest“ und „Tamagotchi“ ein. Erinnern Sie sich noch an Dolly, das Klonschaf? Dolly war das erste Schaf, das ich beim Namen kannte. Inzwischen ist da noch Shaun. Das Unwort des Jahres 1997 war „Wohlstandsmüll“. So bezeichnete Helmut Maucher, der Verwaltungsratspräsident von Nestlé, angeblich arbeitsunwillige und arbeitsunfähige Menschen.